Ich muss gestehen: New Brunswick war lange nicht auf meinem Radar. Seitdem ich aber nicht nur die berühmten Weltrekordgezeiten gesehen habe, sondern auch die vielen bunten Küstendörfer, und die kurvenreichen Aussichtsstraßen dorthin, die breiten Strände und die schönen Inselchen mit diesem charmant-schläfrigen je ne sais quoi, bin ich New-Brunswick-Fan!
Inhaltsverzeichnis
- 1 Unter Einheimischen: New Brunswick ist für Entdecker
- 2 New Brunswick – Noveau Brunswick: DNA
- 3 Saint John ist so cool!
- 4 400 km New Brunswick: Der Fundy Scenic Drive
- 5 In Noveau Brunswick: Alles „chiac“ oder was?
- 6 Auf nach Akadien!
- 7 New Brunswick – Noveau Brunswick: Lokalkolorit in Blau-Weiß-Rot
- 8 Mehr guten Lesestoff zur Vorbereitung eurer Reise durch Atlantik-Kanada findet ihr hier!
Unter Einheimischen: New Brunswick ist für Entdecker
Und ja, es stimmt: Saint John ist wirklich „Saint Awesome“! Vor allem aber: Egal ob es die windschiefe Hummer-Kantine in Shédiac war, die gemeinsame Suche nach dem besten Foto-Winkel mit den Fischern in Alma oder die sternenklare Nacht im Kouchibougouac National Park, immer war ich unter Einheimischen. Jedenfalls erinnere ich mich nicht daran, jemals größere Touristenpulks in New Brunswick gesehen zu haben. Die maritime Provinz, die so groß ist wie Bayern, ist ein echtes Schmuckkästchen für Entdecker und Genießer.
New Brunswick – Noveau Brunswick: DNA
Fast alle New Brunswicker leben am Wasser, sei es an der Bay of Fundy oder an Flüssen, die in die Bay fließen und noch tief im Landesinnern den extremen Gezeitenwechsel spüren. New Brunswick ist Kanadas einzige offiziell zweisprachige Provinz – ein Umstand, dem du unterwegs zunächst anhand zweisprachiger Hinweisschilder begegnen wirst. Über die Grenzen hinaus bekannte Naturschauspiele gibt es nur drei, und alle hängen mit den höchsten Gezeiten der Welt zusammen: die bizarren, wegen ihrer Form „Flowerpots“ genannten Hopewell Rocks am Hopewell Cape unweit Moncton, der Fundy National Park mit seinen tollen Wanderwegen und dem absolut starken Fundy Trail Parkway die Küste entlang, und die Reversing Falls in Saint John, wo der St. John River jeden Tag in zwei verschiedene Richtungen fließt.
Saint John ist so cool!
Nicht erschrecken: Der Industriegürtel rund um die alte Hafenstadt ist so unansehnlich wie anderswo auch. Dafür sieht es jenseits der Brücke über die Reversing Falls schnell anders aus. Eine von drei Seiten vom Wasser umgebene, leicht begehbare Altstadt mit viktorianischen Kaufmannshäusern erwartet dich. Historic Saint John ist einfach ideal zum gemütlichen Spaziergucken. Unbedingt machen: 1. Saint John City Market, der älteste Wochenmark Kanadas, 2. das wirklich tolle New Brunswick Museum, 3. wenigstens eines der schönen Kaufmannshäuser an Prince William und Germain Street näher ansehen und natürlich 4. die Reversing Falls (mit oder ohne Seilrutsche). Und danach den stilgerechten Absacker im Ale House am Market Square. Dort gibts nämlich Gerstensaft von Moosehead, der ältesten bis heute in Familienbesitz befindlichen Brauerei des Landes. Allein die Restaurantszene mit ihren knapp 100 Restaurants, Pubs und Taverns allein in der kompakten Altstadt ist „awsome“! Ich bin zwar, Schande über mich, im Ale House hängen geblieben, hatte aber dafür die Ehre, im Bunkhaus Hostel ein paar Meter weiter logieren zu können. Im einzigen Luxus-Hostel des Landes .. :)
400 km New Brunswick: Der Fundy Scenic Drive
Ein weiser Mensch sagte einmal: Manchmal sind die schönsten Straßen die Umwege, die man eigentlich nicht nehmen wollte. Bingo! Zum Beispiel der Fundy Scenic Drive. Die Route begleitet die gesamte Südküste vom gemütlichen Uni-Städtchen Sackville über Moncton bis nach dem über 400 km entfernten Ferienresort St. Andrews. Ich habe die sog. Southern Shore auf einer gemütlichen Tagestour von Saint John aus gemacht und führe seitdem eine Liste mit Warum-habe-ich-die-nicht-früher-besucht-Orten. Ganz oben steht natürlich St. Andrews-By-The-Sea. Das 1783 von britischen Loyalisten, die mit der amerikanischen Revolution nichts am Hut hatten, auf eine schmale Halbinsel gestellte Städtchen wirkt mit seinen schönen alten Residenzen eher wie ein hübsches Freilichtmuseum als eine kanadische Kleinstadt. Ein schnuckeliger Ort zum Entschleunigen, und zwar beim Whale Watching, beim Inselhüpfen und Leuchttürmezählen nach Campobello via St. George, L´Etete und Deer Island und beim Autofahren – bei Ebbe natürlich – auf dem Meeresboden nach Ministers Island ..
In Noveau Brunswick: Alles „chiac“ oder was?
Und dann ist da natürlich der Acadian Coastal Drive. Ich höre von der Küstenstraße im Ale House. Der Barkeeper spricht englisch mit mir, doch als sein Handy summt, verstehe ich nur Bahnhof. Erst als er mit „Je te recallerai!“ das Gespräch beendet, dämmert es mir: Der nette Vollbart ist Akadier! Er komme aus Shippagan, sagt er. Das sei, hilft er mir nach, ein Fischerhafen in der Nähe von Caraquet. Auch das sagt mir nichts, aber ich werde neugierig. Auch weil sein flüssiges Hin und her zwischen Englisch und akadischem Französisch „Chiac“ genannt wird und das akadische Französisch mit seinen gerollten R-s und mühelosen Mischworten einfach unwiderstehlich klingt.
Auf nach Akadien!
Die „Acadiens“ bewohnen vor allem den Norden von New Brunswick. Moncton, mit 75 000 Einwohnern die größte Stadt der Provinz, gilt einer halben Million auch in Quebec, Prince Edward Island und Nova Scotia lebenden Akadier als inoffizielle Hauptstadt. Im Parc Riverain/Boreview Park ein letztes Mal bevor es losgeht die 35 km entfernte Bay of Fundy, und zwar stilgemäß: Bei Flut schickt sie eine kniehohe Flutwelle flussaufwärts, die das Wasser der Bay wie eine Schleppe hinter sich her zieht und den Wasserstand des Petitcodiac River in kurzer Zeit auf vier Meter anhebt. Seit ein paar Jahren haben Surfer die „tidal bore“ entdeckt. Der Rekordhalter schaffte 29 km in einem Stück!
New Brunswick – Noveau Brunswick: Lokalkolorit in Blau-Weiß-Rot
Das Herz Akadiens schlägt jedoch an der alten Küstenstraße, dem Hwy. 11. Bunte, weit auseinander stehende Holzhäuser auf beiden Seiten, neben jedem stapeln sich Hummerreusen, lehnen gebündelte, leuchtfarbene Bojen, steht ein Bootsanhänger in der Einfahrt. Unübersehbar: die akadischen Nationalfarben Blau-Weiß-Rot. Die Trikolore mit dem gelben Stern im blauen Feld prangt auf Bretterzäunen, Hausdächern und Stromleitungsmasten. Ich schaffe es an diesem Tag bis nach Caraquet. Auf dem Weg dorthin springe ich in Shédiac kurz in den Atlantik, esse im La Coast an der Rue Main Hummer gegessen und kriege sogar von meiner wohlmeinenden Kellnerin ein paar Songs der akadischen Singer-Songwriterin Lisa LeBlanc überspielt. Mit dem bluesigen Banjo-Stück „You look like trouble“ und dem rockigen „Ti-gars t´es parti“ im Ohr kurve ich durch die verschlafenen Fischerdörfer auf der Ile Lamèque, nehme die Brücke nach der Ile Miscou und fühle mich am niedlichen Leuchtturm tatsächlich, wie man hier sagt, „au bout du monde“, am Ende der Welt. Eine Weile sitze ich nur da, denke an nichts und genieße einfach das idyllische Ineinander von Meer, Strand und Land im warmen Spätnachmittagslicht ..
Das Hummerbrötchen von La Terrasse à Steve, der netten Kantine im Fischerhafen von Miscou, hält bis Caraquet vor. Der Fischerhafen an der Baie de Chaleur/Chaleur Bay, der das Festival acadien ausrichtet, repräsentiert die Quintessenz der akadischen Kultur. Jedes Jahr im August treffen sich hier die Arsenaults, Archambaults, Poiriers und Vadeboncoeurs zu Cookouts, Paraden, Spielen und Konzerten. Ich verbringe den Abend auf der Terrasse des La Brokerie, einer munteren Mischung aus Bar und Bistro, und beobachte die heimkehrenden Segelboote. Das Museumsdorf Village historique Acadien muss bis morgen warten ..
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