Fischerdörfer zum Knuddeln und Leuchttürme zum Sammeln, alte Forts zum Entdecken und windgepeitschte Erhabenheit für unvergessliche Offline-Erfahrungen. Und das alles auch noch durch kurvenreiche Küstenstraßen miteinander verbunden und von freundlichen Menschen akadischer und schottischer Herkunft in Gang gehalten. Das ist Nova Scotia, das ist Atlantik-Kanada. Dies sind meine schönsten Nova-Scotia-Momente!
Inhaltsverzeichnis
- 1
- 2 Radtour Nova Scotia: Etwas Kondition schadet nicht
- 3 Quer durch Cape Breton Island: Hirsche, Elche und authentisches Insel-Leben
- 4 In Halifax: Schiffe, Bars und Festung
- 5 Südlich von Halifax: Nichts für Kilometerfresser
- 6 Bay of Fundy: So schön ist Wasserkraft!
- 7 Cabot Trail: Nova Scotias Meisterstück
- 8 Mehr guten Lesestoff zur Vorbereitung eurer Reise durch Atlantik-Kanada findet ihr hier
Radtour Nova Scotia: Etwas Kondition schadet nicht
Manchmal kommt alles anders. Ich hatte die 130 km lange Radtour von St. Peters nach Mabou an der Westküste von Cape Breton Island gewählt, weil ich mich an den doppelt so langen Cabot Trail nicht getraut hatte. Gemütliches Radeln hatte ich mir vorgestellt, es war ja von Wiesen, Wäldern und schönen Aussichten auf den Bras d´Or Lake die Rede gewesen. Und nu? Ich fluche wie ein Rohrspatz. Die Ausläufer des Cape Breton Highlands National Park machen die zweispurige Uferstraße zu einer Achterbahn mit quälend langen Anstiegen und gemein kurzen Abfahrten. Und jetzt, wo ich einmal mehr schweißgebadet oben ankomme und nichts lieber täte, als wenigstens ein paar köstliche Sekunden lang im Leerlauf bergab zu rollen, schlägt mir ein Gegenwind aus dem Nichts so heftig entgegen, dass ich in die Pedalen steigen muss, um unten anzukommen!
Quer durch Cape Breton Island: Hirsche, Elche und authentisches Insel-Leben
Soviel zum Sommerwetter hier. Nicht umsonst werden die Nova Scotians vom Rest Kanadas „Bluenoser“ genannt. Doch sobald die Sonne durchbricht, ist alles schnell wieder vergessen. Während ich überlege, welche der über 100 Radwege der Provinz ich nächstes Mal angehe, radeln wir frohgemut durch den ländlichen Süden von Cape Breton. Dabei begegnen wir mehr Hochwild als Autofahrern und sogar ein paar Elchen. Abends in Mabou schaffen wir sogar noch ein Tänzchen. Die Kitchen Party im legendären Red Shoe Pub – der Pub gehört den in ganz Kanada beliebten Folkrockern der Rankin Family – ist in vollem Gange. Ein munterer Greis haut in die Tasten, was entfernt nach dem Rankin´schen Mull River Shuffle klingt, ein paar Jungen und Mädchen mit zerkratzten Fiedeln versuchen, mit ihm Schritt zu halten. Jung und alt schwingen das Tanzbein, den Damen einen Korb geben geht nicht. Was für eine Stimmung!
In Halifax: Schiffe, Bars und Festung
So ist Nova Scotia! Und die Geografie hilft mit. Anders als sonst in diesem Riesenland muss man hier nie tagelang im Auto sitzen, um anzukommen: Die Provinz ist nur etwas größer als die Schweiz! Meistens geht es in Halifax los. Mich zieht es immer zuerst an die „Waterfront“ genannte Uferpromenade, wo ich die Schiffe kommen und gehen sehe. Den zweiten schönsten Blick in Halifax gönne ich mir später auf dem Citadel Hill – von der Waterfront führen alle Weg dorthin. Auf der Spitze des Hügels steht die sternförmige Halifax Citadel. Ein kleines Museum und geführte Touren informieren über die einst schlagkräftigste Garnison Nordamerikas, aber ich klettere lieber auf die Wälle. Der Blick auf die Stadt und den Naturhafen beruhigt mein schlechtes Gewissen jedes Mal ..
Abends ist Barhopping angesagt. Die Downtown wimmelt nur so vor Musikkneipen, jede Nacht wird irgendwo live abgerockt. Halifax hat nicht umsonst Künstler wie Sloan, Holly Cole und Joel Plaskett auf den Weg gebracht. Auch eine kleine, aber feine Rap- und Hip-Hop-Szene gibt es hier.
Südlich von Halifax: Nichts für Kilometerfresser
Sich davon losreißen ist schwer, doch südlich von Halifax warten kleine Fischerhäfen, Hummer-Kantinen ohne Ende und einige der schönsten Leuchttürme des Landes. Der berühmteste steht in Peggys Cove 45 Autominuten außerhalb. Ich fahre nur abends dorthin, tagsüber ist Peggys Cove nämlich überlaufen. Ab 17 Uhr verschwinden die Touristenbusse wieder, um ihre Gäste rechtzeitig zum Abendessen in Halifax zu bringen. Erst dann zeigt der auf die ins Meer auslaufenden Felsplatten gebaute Leuchtturm sein Ansichtskarten-Gesicht.
Außer gut 30 schönen alten Leuchttürmen kann die „Lighthouse Route“ aber noch mehr. Weil der Atlantik Tausende Buchten in diese Küste gefressen hat, bietet die alte Küstenstraße gemächliches Herumkurven vom Feinsten. Aussteigen lohnt immer. Besonders in hübschen Orten wie Chester und Mahone Bay mit seinen drei nebeneinander gebauten Kirchlein, und Lunenburg. Von Bränden und Städteplanern verschont geblieben, wurde die 1753 von deutschen und Schweizer Kolonisten besiedelte Schiffsbauerstadt zum UNESCO-Welterbe erklärt und charmiert mit dem wirklich sehenswerten Fisheries Museum of the Atlantic und guten Restaurants, Cafés und Galerien.
Bay of Fundy: So schön ist Wasserkraft!
Aber auch wenn Nova Scotia Geschichte auf Schritt und Tritt bietet: Trocken wird der Trip auf keinen Fall! Wozu gibt es die Bay of Fundy? Die Bay trennt Nova Scotia von New Brunswick und verzeichnet mit bis zu 16 m den höchsten Tidenunterschied der Welt. Dadurch entstand eine surreale Küstenlandschaft, in der man bei Ebbe auf dem Meeresboden spazieren, spektakuläre Kajaktouren wie im Cape Chignecto Provincial Park unternehmen und, wenn man keine Angst vorm Nasswerden hat, mit kleinen Schlauchbooten auf großen Gezeitenwellen reiten kann. Tidal Bore Rafting nennt sich der Spaß und findet am Ende der Bay im Minas Basin statt. Die verrückte Achterbahnfahrt durch das schlammbraune Inferno ist erst zu Ende, wenn man pitschnass ist und das Wasser im Raft bis zu den Knien reicht!
Selbst die historische French Shore zwischen Digby und Yarmouth – Gedenkstätten erinnern an die ersten, „Acadiens“ genannten Siedler und ihre Deportation durch die Briten – bietet allen, die lieber Action wollen, viele Gelegenheiten zum Desertieren. Die schönste heißt „Whale Watching“, Walbeobachtung, und zwar von Brier Island aus, der winzigen Insel am Eingang der Bay. Die Touranbieter halten Abstand, damit die Tiere ihre Ruhe haben. Meiner stellte damals den Motor ab. Wir warteten solange, bis ein neugieriger junger Humpback auftauchte. Nach unvergesslichen 20 Minuten neben dem Boot versprühte er seine Atemfontäne über uns und zeigte uns beim Abtauchen seine gewaltige Schwanzflosse ..
Cabot Trail: Nova Scotias Meisterstück
Apropos schöne Aussichten: Auf diesem Trip durch Nova Scotia bin ich froh, den Cabot Trail auf vier statt auf zwei Rädern zu machen. Die schönsten Blicke hätte ich nur mit weichen Knien – oder gar nicht – erreicht. Entgegen dem Uhrzeigersinn fahrend, liefert das 300 m hohe Cape Smokey kurz vor Ingonish das erste Wow-Erlebnis. Später sehe ich vom Felsengarten einer Bucht namens Lakies Head aus Wale, und auch vom Mackenzie Mountain an der Westküste aus. Zuletzt dann die beiden so oft fotografierten Wahnsinnspanoramen: vom Gipfel des 400 m hohen French Mountain die endlos lange, hölzerne Treppe am Ende des Skyline Trail zu epischen Aussichtspunkten, und am Veterans Monument der Blick auf das gegen eine imposante Steilküste anrollende Meer und den Cabot Trail, der sich hoch über diesem kraftvollen Stillleben soweit in den Bildhintergrund schwingt, bis er zuletzt als dünner Strich am Horizont verschwindet. Mir fallen die Worte von Alexander Graham Bell ein. Der geniale Erfinder – u. a. geht das Telefon auf sein Konto, mehr über den Mann gibts in seinem Museum in Baddeck – schrieb: „Ich habe die kanadischen und amerikanischen Rocky Mountains gesehen, die Anden, die Alpen und die Highlands von Schottland: Wenn es jedoch um reine Schönheit geht, so schlägt Cape Breton sie alle.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Mehr guten Lesestoff zur Vorbereitung eurer Reise durch Atlantik-Kanada findet ihr hier
- Parks Canada: Sightseeing along the Cabot Trail
- Kanadastisch.de: Die schönsten Wanderrouten im Cape Breton Highlands National Park
- WN: Pier 21 – Einwanderermuseum in Halifax erinnert an eine aufregende Zeit
- Travellers INSIGHT: Auf der Leuchtturm-Route durch Nova Scotia
- Globus Bummler: Entlang der Bay of Fundy zum Kejimkujik Nationalpark – eine Wohnmobiltour durch den Südwesten Nova Scotias
*Dieser Beitrag ist eine Kooperation mit der ACAT (Atlantic Canada Agreement on Tourism)
1 Comment
Goldbecken Wasserhahn
1. Dezember 2020 at 4:57Bitte schreibe öfter, weil ich deine Artikel wirklich liebe. Vielen Dank!