In Kanada liegt Hikern ein wahres Paradies zu Füßen. Mindestens 80.000 Kilometer wanderbare Wege gibt es, viele von ihnen zählen zu den schönsten der Welt. Wandern in Kanada heisst durch einzigartige Landschaften hiken – an traumhaften Küsten entlang, durch grandiose Bergwelten oder wilde endlose Weite.
Der wohl „kanadischste“ ist der Great Trail, den sich Kanada im Jahr 2017 zum 150. Geburtstag geschenkt hat. Er verbindet St. John`s am Atlantik mit Victoria am Pazifik und macht sogar einen Abstecher nach Tuktoyaktuk am Eismeer. Der Great Trail ist der längste Wanderweg der Welt und auch für ehrgeizige Wanderer eine Herausforderung: Zerlegt in 30 Kilometer lange Tagesmärsche würde die Route durchs Ahornland locker über zwei Jahre Wanderzeit dauern. Aber glücklicherweise brsuchen Wanderwege in Kanada nicht ganz so lang zu sein .. Zu den außergewöhnlichsten zählen zweifellos diese 10 Trails!
Inhaltsverzeichnis
- 1 East Coast Trail (Newfoundland & Labrador)
- 2 Skyline Trail, Cape Breton Island (Nova Scotia)
- 3 Wandern in Kanada: Fundy Footpath (New Brunswick)
- 4 Mont-Saint-Alban Trail (Québec)
- 5 Cup and Saucer Trail (Ontario)
- 6 Wandern in Kanada: Pisew Falls – Kwasitchewan Falls Trail (Manitoba)
- 7 Portage Path (Northwest Territories)
- 8 70 Mile Butte Trail (Saskatchewan)
- 9 Wandern in Kanada: Matapiiksi (Hoodoo) Trail (Alberta)
- 10 Wild Pacific Trail (BC)
East Coast Trail (Newfoundland & Labrador)
Wild, ursprünglich, einsam: Das Gegenstück zum weltberühmten West Coast Trail auf Vancouver Island besteht aus insgesamt 25 auch separat begehbaren Abschnitten und führt von Topsail Beach nach Cape St. Francis und von dort immer die Ostküste der Avalon Peninsula entlang bis nach Cappahayden. Auf seinen 336 Kilometern durchquert er 30 Fischerdörfer und passiert Leuchttürme, Walbeobachtungspunkte und Seevogelkolonien. Camping auf dem East Coast Trail ist möglich, doch wer abends eine heiße Dusche und ein weiches Bett bevorzugt, verlässt den Trail und übernachtet in den kleinen Orten am Highway 10. Der raue Mix aus steilen Klippen und Landzungen, Brandungspfeilern und tiefen Fjorden ist atemberaubend. Auf den 20 Kilometern zwischen Goulds und Bay Bulls, einem der anstrengensten Abschnitte, umrunden Wanderer schwarze Felsen, gegen die 50 Meter tiefer der Atlantik schlägt. Winzige Felsbalkone thronen hoch über dem Meer, auf den steinigen Vorsprüngen krallen sich einzelne Fichten fest. All das und und keine Menschenseele! Dramatische Klippen, Brandungspfeiler, historische Leuchttürme und fünf Wasserfälle machen diesen Abschnitt zu einem absoluten Highlight. Nicht selten, dass Wanderer Weißkopfseeadler erspähen, denn die Tiere brüten gerne auf den Brandungspfeilern. Mit etwas Glück sind zudem vorbeiziehende Wale zu sehen.
Skyline Trail, Cape Breton Island (Nova Scotia)
Dieser insgesamt sechseinhalb Kilometer lange, technisch leichte Wanderweg am Cabot Trail auf Cape Breton Island wird wortwörtlich mit jedem Schritt besser. Zunächst steigt der Skyline Trail durch Unterholz, in dessen Schatten die Elche der Gegend die heißen Sommertage verbringen. Morgens und abends ist die beste Zeit, um sie zu sehen. Doch Vorsicht: Die „Könige der Wälder“ sollten nur mit Abstand beobachtet werden. Nach etwas über einer Stunde Marsch ist der Gipfel des markanten Vorgebirges erreicht. Der Trail geht dann an Bergwiesen und mehreren Aussichtspunkten vorbei und führt zuletzt zu Panoramablicken über die dramatische Westküste von Cape Breton Island. Tief unten windet sich der Cabot Trail um die steilen Kaps, die darauf fahrenden Autos sehen von oben wie Spielzeuge aus. Ein herrlicher Plankenweg führt zu hübschen Aussichtsterrassen. Dort können Wanderer die Seele baumeln lassen und den Logenblick auf legendäre Sonnenuntergänge über dem Sankt-Lorenz-Golf genießen.
Wandern in Kanada: Fundy Footpath (New Brunswick)
Wohl einer der spektakulärsten Küstenwanderwege Kanadas wartet in der Bay of Fundy! Die Bucht zwischen die Provinzen New Brunswick und Nova Scotia lockt Besucher mit den mit bis zu 16 Metern Höhenunterschied höchsten Gezeiten der Welt. Die Kräfte des Wassers haben entlang der Steilküste im Laufe der Zeit bizzare Felsformationen geschaffen, um die Besucher bei Ebbe auf dem Meeresboden herumwandern können. Der Fundy Footpath verläuft entlang eines unbebauten Küstenabschnitts vom Fundy Trail Parkway zum Fundy National Park und bietet unvergleichliche Panorama-Aussichten auf die Küste. Den gesamten Trail in Angriff zu nehmen, ist etwas für geübte Wanderer und bedarf einiger Vorbereitung. Die Strecke ist rund 50 Kilometer lang, führt über ein Dutzend Schluchten und zwei Gezeitenflüsse, die nur bei Ebbe durchquert werden können, und die steilen Auf- und Abstiege haben es in sich. Wer sich auf das Abenteuer einlässt, wird allerdings mit berührenden Natur-Erlebnissen in einem der letzten Küsten-Wildnisgebiete zwischen Florida und Labrador belohnt, die er zudem mit nur wenigen anderen Wanderern teilen muss. Zu den Highlights zählen atemberaubende Ausblicke auf die Landzunge von den rund 100 Meter hohen Klippen, Etappen durch dichte Wälder und Übernachtungen im Hinterland auf ursprünglichen Campingplätzen. Für die gesamte Strecke sollten rund vier bis fünf Tage eingeplant werden, es ist aber auch möglich, an verschiedenen Zugangspunkten einzusteigen und nur Teilabschnitte des Wildnispfades zu bewandern.
Mont-Saint-Alban Trail (Québec)
Die beste Aussicht ist dort, wo Aussichtstürme stehen. Die alte Hiker-Weisheit klingt banal, aber im Fall des Parc National de Forillon am östlichsten Zipfel der Gaspé-Halbinsel macht sie sich einmal mehr alle Ehre. Der knapp acht Kilometer lange Rundwanderweg Mont-Saint-Alban auf den gleichnamigen Berg ist ein absoluter Geheimtipp. Vielleicht, weil seine Hauptattraktion, der fast 40 Meter hohe, hölzerne Aussichtsturm auf dem Gipfel, vom Startpunkt auf dem Parkplatz des Cap-Bon-Ami nicht zu sehen ist? Dabei bietet der Turm eine der besten Rundum-Aussichten in Ost-Kanadas! Zunächst geht es steil durch endlose grüne Tunnel mit undurchdringlichem Geäst. Hin und wieder öffnen sich Fenster zu immer imposanteren Blicken auf die Küste im Westen und die von Seevogelkolonien bewohnte Steilküste des Nationalparks. Zuletzt lichtet sich der Wald etwas, und plötzlich steht er da, der Turm. Noch einmal ein Dutzend Treppen, dann ist endlich der Rundumblick erreicht. Der Lohn für die Mühe des Aufstiegs: das sprachlos machende wunderschöne Ineinander von Himmel, Land und Meer!
Cup and Saucer Trail (Ontario)
Sein Ojibwa-Name ist Michigiwadinong. Das bedeutet „der Felsen, der wie eine Speerspitze geformt ist“ und bezeichnet die Stelle, an der einst Nanabush auf der Flucht vor Irokesen-Kriegern seine Speere ablegte. Die Wut der Nachbarn hatte sich Nanabush selbst eingebrockt. In den Legenden der Ojibwa ist er nämlich nicht nur ein weiser Lehrer, sondern auch ein stets Unfug treibender Trickster. Das Schild mit dieser Geschichte steht nicht von ungefähr am Beginn des herrlichen, insgesamt 14 Kilometer langen Cup and Saucer Trail auf Manitoulin Island. Für die Ojibwa ist die Insel im Lake Huron der Sitz des Großen Geistes. Unzählige Orte auf der Insel sind daher tief in Legenden und Geschichten verankert und wer sie besuchen kann, spürt die spirituelle Kraft dieser Region. Auch dem Cup and Saucer Trail wohnt ein besonderer Zauber inne. Dichter Wald bedeckt die zum Niagara Escarpment gehörende Erhebung, 70 Meter hohe Kalksteinklippen ragen aus ihr hervor wie unbezwingbare Festungsmauern. Gleich drei farblich markierte Trails dieses Namens schlängeln sich vom Wegbeginn über den Bergrücken. Der fünf Kilometer lange, rot markierte Pfad führt zu den meisten Aussichten, darunter auch zum östlichsten und schönsten Punkt, der den Blick auf ein Meer aus Bäumen und Seen freigibt. Ein magischer Ort, von dem man sich nur schwer wieder lösen kann.
Wandern in Kanada: Pisew Falls – Kwasitchewan Falls Trail (Manitoba)
Zwei tosende, von immergrüner Wildnis eingemauerte Wasserfälle – der höchste und der zweithöchste Manitobas – locken Hiker hierher. Die Wahrscheinlichkeit, den 22 Kilometer langen Pisew Falls – Kwasitchewan Falls Trail für sich zu haben, ist groß: Der Trailhead liegt 700 Kilometer nördlich von Winnipeg in der borealen Wildnis des Kanadischen Schilds. Ausgangspunkt sind die tosenden Pisew Falls, wo der Grass River über einen breiten Fels 13 Meter in die Tiefe kracht und gleich danach die Richtung ändert, um durch eine enge Schlucht zu donnern. Jenseits der Hängebrücke über den Grass River folgt der Trail einer uralten Kanuroute, die einst von den Pelzhändlern der Hudson Bay Company benutzt wurde. Bei den 14 Meter hohen Kwasitchewan Falls ist die Hälfte der Wanderung absolviert. Die Region ist absolutes Backcountry: Vorsicht ist geboten, denn Schilder und Absperrungen gibt es bei diesem Wasserfall nicht. Konditionsstarke Wanderer bewältigen den Trail an einem Tag. Wer es langsamer mag, schlägt sein Zelt auf dem einfachen Campingplatz bei den Fällen auf.
Portage Path (Northwest Territories)
Mit Portage bezeichneten die frankokanadischen Pelzhändler Stellen, an denen sie ihre Kanus mühselig um Wasserfälle und Stromschnellen herumtragen mussten. Der Portage Path im Nahanni National Park Reserve wäre ein Kinderspiel für sie gewesen. Der nur zwei Kilometer lange Weg um die knapp 100 Meter hohen Virginia Falls besteht zum Teil aus einem höher gelegten Boardwalk, auf dem von Ft. Simpson aus eingeflogene Kanu- und Raftingteams ihre Ausrüstung in Schubkarren zum Put-In am Fuße der Fälle transportieren. Tagesbesucher bringt er zu spektakulären Aussichten auf die Sluice Box Rapids oberhalb der Fälle, wo sich der South Nahanni River zu einem tosen Inferno steigert, und auf den gewaltigen Mason´s Rock, der den Fluss in zwei Hälften teilt. Vom steinigen Ufer unterhalb zeigen sich die Virginia Falls dann in ihren ganzen, 260 Meter breiten Pracht aus weiß tosendem Wasser, das mit furchterregender Wucht auf dem Boden kracht. Fazit: Kurz, aber oho, der Portage Path!
70 Mile Butte Trail (Saskatchewan)
Die Pelzhändler, die im 18. Jahrhundert als erste Weiße durch Saskatchewan kamen, hatten eine solche Landschaft noch nie gesehen. Sie nannten die Prärie ein Meer aus Gras. Früher reichte es von Nord-Alberta bis nach Texas. Geblieben sind heute winzige Grasland-Inseln. Und der 900 Quadratkilometer große Grasslands National Park im Süden Saskatchewans. Er zeigt die Prärie noch so, wie sie die ersten Europäer sahen. Ein Dutzend herrlicher, vier bis 17 Kilometer langer Trails führen Wanderer durch „Coulées“ genanne Niederungen und leicht hügeliges, hüfthohes Grasland. Mitten ins Herz dieser Landschaft führt der 70 Mile Butte Trail, ein rund zwei Kilometer langer Rundwanderweg zu den schönsten Aussichten über diese endlose Weite. Auf der überraschend anspruchsvollen Wanderung geht’s vorbei an Kakteen und Büffelbeeren und mit etwas Glück können umherstreifenden Bisonherden und Gabelbockantilopen sowie Wanderfalken und andere Vogelarten beobachtet werden. Zu sehen sind zudem jahrhundertealte Tipi-Ringe der First Nations.
Wandern in Kanada: Matapiiksi (Hoodoo) Trail (Alberta)
Mehrere Dutzend Krieger greifen ein Lager mit zwei Dutzend Tipis an, ein Krieger schlägt mit der Axt auf seinen Gegner ein. Dieses „Battle Scene“ genannte Bild befindet sich am Ende des 4,4 Kilometer langen Matapiiksi (Hoodoo) Trails durch eine wahrhaft tolkien´sche Märchenwelt. Der Trail liegt am Willow Creek Coulee im Writing-on-Stone Provincial Park in den Badlands in Alberta. Wanderer gelangen auf ihm nicht nur zu den einzigartigen und Hoodoos genannten ikonischen Sandsteinsäulen, die im Laufe von Millionen von Jahren in der Region entstanden sind, sondern auch in weites offenes Grasland und zu gewaltigen Sandsteinklippen. Die Schlachtszene am Ende des Wegs ist nur eine von Hunderten, vielleicht sogar Tausenden Ritzzeichnungen, die die Blackfoot First Nations seit Urzeiten im Writing-on-Stone Provincial Park hinterlassen. Wer also den Matapiiksi (Hoodoo) Trail und die anderen Wege des Parks nicht nur wandert, sondern auch liest, wird viel zu tun bekommen. Denn Writing-on-Stone besitzt die größte Sammlung indigener Felskunst in Nordamerika!
Wild Pacific Trail (BC)
Beim Wild Pacific Trail in Ucluelet auf Vancouver Island ist der Name Programm. Der insgesamt acht Kilometer lange Wanderweg führt zu spektakulären Naturerlebnissen entlang der wilden zerklüfteten Westküste von Vancouver Island und bietet Panorama-Aussichten auf den Barkley Sound und die Broken Group Islands. Wer in die Natur abtauchen oder die Gedanken ziehen lassen möchte, ist auf diesem Weg genau am richtigen Ort. Der Trail setzt sich aus drei Abschnitten zusammen, der jeder für sich mit einzigartigen Erlebnissen punktet. Der Lighthouse Loop ist ein 2,6 Kilometer langer leichter Rundweg entlang der Küste, der zu zahlreichen Aussichtspunkten, einem Leuchtturm sowie zu indigenen Erlebnissen bei Begegnungen mit der Yuułuʔiłʔatḥ First Nation führt. Ein weiterer Abschnitt geht durch anspruchsvolleres Gelände entlang schroffer Klippen, faszinierende Ausblicke aufs Meer und seine Bewohner inklusive. Das letzte Stück des Trails führt durch einen Wald mit uralten Sitkafichten, Hemlocktannen und riesigen Rotzedern, von denen manche schon über 800 Jahre alt sind und neben denen so manches andere an Bedeutung verliert. Mit etwas Glück sehen Wanderer unterwegs auch wilde Tiere wie Wölfe oder Bären. Herbst und Winter mit legendären pazifischen Stürmen sind eine besondere Zeit für Wandertouren entlang der zerklüfteten Küste. Dabei ist allerdings Vorsicht geboten, denn die Wellen sind unvorhersehbar und auch wenn die Wetterlage ruhig ist, sollten die Wege auf keinen Fall verlassen werden.
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