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Yukon Territory: Wo ist Jack?

Als Jack London im winterlichen Yukon  nach Gold suchte, war der Hundeschlitten das Hauptverkehrsmittel. Zwar hat London keine Nuggets gefunden, dafür aber Inspiration für seine weltberühmten Romane. Dieses Jahr hätte er am 12. Januar seinen 140. Geburtstag gefeiert und am 22. November ist sein 100. Todestag. Reisejournalist Martin Häußermann war im Yukon auf Spurensuche. Stilecht im Winter.

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In Goldfarbe gebadete Kaffeebohnen? Ach, Quatsch: Dies sind echte Nuggets aus den Claims rund um Dawson!

GOLD! AM KLONDIKE!

Es war im wahrsten Sinne des Wortes ein Hundeleben, das Buck führte. Buck ist ein Schlittenhund und vierbeiniger Held aus dem Roman „Ruf der Wildnis“, der im Wesentlichen in und um Dawson City spielt. Ende des 19. Jahrhunderts war dies eine echte Großstadt mit rund 40.000 Einwohnern mitten in der Wildnis, dort wo der kleine Klondike River in den großen Yukon mündet. Die Menschen folgten dem Lockruf des Goldes. Skookum Jim, Dawson Charlie – beide im heutigen Sprachgebrauch First Nations – sowie der Weiße George Carmack hatten dort am Bonanza Creek große Nuggets gefunden. Eine Botschaft, die sich schnell auf dem amerikanischen Kontinent und darüber hinaus herumsprach. Unter den Glücksrittern war auch ein gewisser Jack London, der wie diese Ausrüstung und Verpflegung für ein Jahr zunächst von der Hafenstadt Skagway in Alaska über die kanadische Grenze am Chilkoot Pass schleifte, um dann über Whitehorse nach Dawson zu gelangen.

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In Dawson an der Mündung des Klondike in den Yukon River fällt das Quecksilber im Winter gern schon mal auf minus 40 Grad! Foto: Martin Häußermann

Jack London hätte dieses Jahr am 12. Januar seinen 140. Geburtstag gefeiert und am 22. November ist sein 100. Todestag. Grund genug also, ihm ein wenig nachzuspüren. Als Goldgräber war Jack London, vorsichtig gesagt, nicht gerade erfolgreich. Keine fünf Dollar soll der Goldstaub wert gewesen sein, den er in seinem Claim fand. Und doch wurde Dawson in gewissem Sinn zu einer Goldgrube für den Amerikaner. Im rauen Norden Kanadas, wo das Thermometer im Winter schon mal auf 40 unter null fällt, holte er sich nämlich Stoff für viele seiner Erzählungen und Romane, die ihn weltweit bekannt machten. Den Durchbruch erzielte er mit dem eingangs erwähnten Roman „Ruf der Wildnis“, den viele wegen seines vierbeinigen Helden zunächst als Kinderbuch einstuften, was aber weder dem Inhalt noch der Form gerecht wird.

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In Deutschland ist Jack London der berühmteste Yukoner. Vor Ort allgegenwärtig ist jedoch der Dichter Robert Service. Sein berühmtestes Gedicht findet sich auch auf dieser Hauswand verewigt! Foto: Martin Häußermann

Unterwegs im Yukon: Früher mit dem Dampfer, heute mit Air North

Das alles erzählt mir der Literaturkenner Wolfgang Tischer, Herausgeber des Onlinemagazins literaturcafe.de, mit dem ich zusammen im Auto sitze, um im winterliche Yukon Territory auf Spurensuche zu gehen. Über Vancouver sind wir nach Whitehorse, die heutige Hauptstadt des Territoriums, gereist. Dort begegnet uns Jack London zum ersten Mal. Eine Bronzebüste an der Main Street erinnert an den Schriftsteller, und auch der örtliche Buchladen „Fireweed Books“ bietet eine große Auswahl an Werken des Schriftstellers. Doch Whithorse war für London nicht mehr als eine Durchgangsstation, weshalb wir am andern Tag nach Dawson weiterreisen. Zu Londons Zeiten hätte man dazu einen der Schaufelraddampfer genommen, die auf dem Yukon River hin und her pendelten. Die beiden restaurierten Schiffe „S.S. Klondike“ und „S.S. Keno“, die in Whitehorse und Dawson am Ufer des Yukon besichtigt werden können, geben Einblick in die Reise- und Lebensform dieser Zeit.

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Hat auch Expeditionscharakter: Flug und Landung in Dawson mit der alten Propellermaschine von Air North! Foto: Martin Häußermann

Weil die Zeit für Recherche knapp ist und man mit dem Auto einen geschlagenen Tag braucht, um nach Dawson zu kommen, wählen wir die lokale Fluggesellschaft Air North, die uns mit der zweimotorigen Propellermaschine vom Typ Hawker Siddeley 748 in einer guten Stunde dorthin bringt. Das ist im doppelten Sinne eine Reise in die Vergangenheit, schließlich ist die Maschine nur unwesentlich jünger als wir selbst.

 

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Blau vor Kälte: Jack hatte damals Filz- und Wollklamotten. Waren die einmal nass geschwitzt, wurden sie nicht mehr trocken .. Foto: Martin Häußermann

Am Flughafen von Dawson, dessen Abfertigungsgebäude etwa der Schalterhalle eines deutschen Kleinstadtbahnhofs entspricht, steigen wir in den Allrad-SUV, mit dem wir die nächsten beiden Tage unterwegs sein werden. Unser erster Weg führt uns – natürlich – zum Jack London Square. Am Rande der Stadt, aber immer noch recht zentrumsnah, haben die Touristiker der Klondike Visitors Association ein kleines Museum errichtet, das an den großen Bürger der Stadt erinnert. Daneben die kleine Holzhütte, in der London hauste und die von ihrem Originalstandort am Bonanza Creek in die Stadt verlegt wurde, um sie dort zu restaurieren und Touristen zugänglich zu machen. Zwar zeigt das Außenthermometer des Autos gerade mal minus 20 Grad, was hier im Winter als absolut normal und durchaus komfortabel gilt – und doch kann der weichgespülte Mitteleuropäer ein wenig nachfühlen, wie sich der glücklose Jack damals gefühlt haben mag, so ganz ohne Sitzheizung und daunengefüllte Gore-Tex-Jacken.

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Uta Reilly in ihrem Laden an der Front Street: Sie ist auf Du mit allen Diggern und Minenbesitzern in der Umgebung. Foto: Martin Häußermann

Die Herrin der Nuggets kommt aus Deutschland

Ob Jack London jemals mit der Schriftstellerei begonnen hätte, wenn er Nuggets in der Größe gefunden hätte, wie wir sie gerade in unseren Händen wiegen, wagen wir zu bezweifeln. Uta Reilly, gebürtige Freiburgerin und seit 1978 Inhaberin des Klondike Nugget and Ivory Shops, hat ein paar eindrucksvolle Goldklumpen aus dem Tresor geholt, um uns einen Eindruck zu vermitteln, worum es in Dawson auch heute noch geht. Zwar haben die Goldgräber gerade Winterpause, doch im Sommer wird hier wieder fleißig geschürft – in rund 80 aktiven Minen.

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Bei Truckern udn Roadtrippern ist Steve Watson wegen seiner riesigen Cinnamon Buns und XL-Burger eine echte Legende! Foto: Martin Häußermann

Auf der Fahrt über den Klondike Highway begegnen wir einem, der eher auf Garagengold setzt. Wobei das vielleicht doch ein wenig übertrieben ist. Steve Watson sammelt zwar alte Autos und beteuert auch ganz fest, sie mal reparieren oder verkaufen zu wollen, doch im Großen und Ganzen entspricht das Ambiente eher einem gut sortierten Schrottplatz. Nur das schicke Cabrio, ein Plymouth Sport Fury Convertible, das fristet zumindest den Winter über sein Dasein in einem Zelt. Aber klar, Steve hat wenig Zeit fürs Restaurieren, ist er doch Eigentümer der Braeburn Lodge, ein Roadhouse und Truckstop am Klondike Highway. Und da ist er vor allem damit beschäftigt, seine Gäste mit überdimensionalen Hamburgern und Cinnamon Buns zu verpflegen. Diese Riesenzimtschnecken sind eine Delikatesse und weit über den Yukon hinaus ein Begriff.

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Bei Bildern wie diesem bekommt man auch heute noch einen Eindruck von dem, was Jack London respektvoll das „weiße Schweigen“ nannte – und fürchtete .. Foto: Martin Häußermann

Wir aber müssen weiter. Schließlich wollen wir in der Nähe von Whitehorse noch ausprobieren, wie man zu Jack Londons Zeiten im Winter durch den Yukon reiste – mit dem Hundeschlitten.

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