Wenn Ihr dies lest, ist Elke Schotmann wieder auf auf dem Weg nach Kanada. Dieses Mal wird sie im Khutzeymateen Grizzly Sanctuary in BC Grizzlybären beobachten. Da mir Elke auf Facebook schon öfters als Kanadafan mit einer Vorliebe für eher ungewöhnliche Ziele begegnet ist, habe ich sie gefragt, wann und wo sie sich mit dem Kanadavirus angesteckt hat. Sie war so lieb und hat mir dies geschrieben ..
Inhaltsverzeichnis
Kanada begann mit Glen und Jean
Schon als Vorschulkind wollte ich immer nach Kanada. Aber warum eigentlich? Ich wuchs in den 60er Jahren auf, einer Zeit ohne Social Media und Internet. Trotzdem war Kanada schon damals ein Thema für mich, denn meine Mutter arbeitete vor meiner Geburt beim MLS (Maple Leaf Services). So hatte ich schon sehr früh Kontakt zu Angehörigen der kanadischen Truppen und deren Familien. Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir ein kanadisches Ehepaar, Glen und seine Frau Jean. Diese beiden waren häufig bei uns zu Hause zu Gast. Ich liebte sie heiß und innig. Sie brachten mir immer wundervolle Geschenke und Leckereien mit. Ich denke, daher rührt wohl auch meine Leidenschaft für Ahornsirup!
Noch heute erinnere ich mich gerne an die gemeinsamen Dia-Abende. Glen hatte viele Bilder von Kanada mit nach Deutschland gebracht. So saß ich als kleines Persönchen staunend auf seinem Schoß, wenn er mir halb deutsch, halb englisch seine Geschichten zu den herrlichen Bildern erzählte. Bis dato kannte ich nicht einmal die Alpen aus der Nähe, so erschienen mir die Bilder der Rocky Mountains mit ihren hohen, schneebedeckten Gipfeln und die leuchtenden, kristallklaren Seen wie ein Blick ins Märchenland. Damals fasste ich den Entschluss, diese Orte einmal zu besuchen und mit eigenen Augen zu sehen. Beinahe hätte ich es schon als Kind tun können, denn Glen und Jean konnten keine Kinder bekommen und wollten mich für einige Zeit mit nach Kanada nehmen, als Glens Dienstzeit in Deutschland endete. Natürlich war das für meine Eltern keine Option – wer lässt schon seine 6jährige Tochter mit Freunden ins Ausland ziehen?
Ich war sehr traurig, als die beiden uns verließen, doch der Kontakt blieb noch einige Jahre bestehen. Ab und zu bekam ich schöne Ansichtskarten von ihnen, und zu Weihnachten gab es immer kanadische Süßigkeiten für mich. Irgendwann kam plötzlich keine Post mehr, und die Nachforschungen meiner Eltern ergaben, dass unsere Freunde bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren. Doch auch, wenn sie nicht mehr da waren, wollte ich ihre Heimat noch immer besuchen.
Kanada! Endlich!
Lange blieb es bei dem Wunsch, denn früher waren solche Fernreisen einfach unerschwinglich für den Normalbürger. Man fuhr eher nach Italien oder Österreich. Der Moment, in dem ich das erste Mal meinen Fuß auf kanadischen Boden setzte, wird mir für immer im Gedächtnis bleiben. In diesem Augenblick war ich nicht nur voller Vorfreude auf die kommenden Erlebnisse, sondern dachte auch an diese beiden wunderbaren Menschen. Letztendlich war ich doch noch zu Besuch gekommen – wenn auch nicht zu ihnen persönlich, so doch zu den Orten, die sie liebten und die sie mir als Kind schon vertraut gemacht hatten. Fast war es ein wenig wie heimkommen, auch wenn ich noch niemals zuvor wirklich dort gewesen war ..
Die Erinnerungsstücke an Glen und Jean stehen noch immer bei uns im Regal. Da ist beispielsweise eine kleine, heute politisch nicht mehr ganz korrekte Inuitpuppe, die sie mir bei einem ihrer letzten Besuche schenkten. Direkt daneben liegt die silberne MLS-Anstecknadel meiner Mutter, auf die sie immer stolz war. Diese Dinge hüte ich wie meinen Augapfel, denn sie sind mehr als bloße Erinnerungsstücke. Sie beweisen mir immer wieder, dass Träume trotz vieler Widrigkeiten wahr werden können, wenn man es nur will. Auch wenn es vielleicht lange gedauert hat: Als ich in Kanada ankam, wusste ich, dass ich endlich am Ziel meiner Träume war. Und wisst Ihr was? Es war noch viel schöner, als ich es mir in all den Jahren in diesen Träumen ausgemalt habe!
1 Comment
Sabine Bahr-Sarnes
21. Juni 2016 at 5:13Eine sehr schöne, aber auch traurige Geschichte.